Liberation Continued
Ein Projekt von Josef Schützenhöfer
Dem viele Jahre in den USA lebenden Künstler Josef Schützenhöfer fiel bald nach seiner Rückkehr nach Österreich das Ortsbild-Monopol der Kriegerdenkmäler für die Gefallenen der Deutschen Wehrmacht auf, während auf den Monumenten der US-Soldatenfriedhöfe allen Opfern verschiedener Nationen gedacht wird. Auch sonst traf er auf viele kaum verhohlene Zeugnisse einer nicht bewältigten, meist 1000jährigen Vergangenheit. Wann immer er sie enttarnte, wurde er zum Störenfried in einer nur mühsam zur Einigkeit geklitterten Gemeinschaft.
Gemeinsam mit den US-KünstlerInnen Will Contino, Emily Hines und Douglas Hoagg, dem Literaturwissenschaftler Klaus Zeyringer und der Steirischen Kulturinitiative gelang es ihm im Juni 2011, in Pöllau erstmals eine Skulptur zu realisieren, die ausdrücklich an die Alliierten-Opfer als Befreier vom Nationalsozialismus in Österreich erinnert. Dies gelang nicht zuletzt dadurch, dass sich an die 200 SchriftstellerInnen, KünstlerInnen und KunstorganisatorInnen für die öffentliche Aufstellung der Skulptur in Pöllau, also in der „Provinz“, einsetzten und einige weitere Schützenhöfer bei einer Erweiterung dieser Thematik mit anderen künstlerischen Zugängen unterstützten.
Nach den künstlerischen Antworten und Vorschlägen Josef Schützenhöfers und von ihm eingeladenen amerikanischen und österreichischen Künstler/-innen (schon 2012 im GrazMuseum zu sehen), war für die Steirische Kulturinitiative – dem historischen Verlauf folgend – die Einladung russischer Künstler/-innen unerlässlich. Damit erweitert sich der gedankliche Ausgangspunkt auf das von der Stalin-Diktatur geprägte Leben der Gefallenen aus der Sowjetunion und bezieht die auf verschiedenen Ebenen stattgefunden territorialen, staatlichen, weltanschaulich-ideologischen Entwicklungen ein.
So ist nun im GrazMuseum die Ausstellung LIBERATION CONTINUED zu sehen, die der in Österreich seit fast 70 Jahren immer wieder ausgeblendeten Thematik zwischen „Anschluss“ und „Befreiung“ kritisch folgt. Zu sehen sind Arbeiten von
Josef Schützenhöfer(AUT), Ludmilla Konstantinova, Sergey Kishchenko, Georgy Litichevsky, Gosha Ostretsov (RUS) und Lauren Gilson (USA)
Für die Arbeit des Malers und Zeichners Josef Schützenhöfer kennzeichnend ist die Bearbeitung eines Themas aus verschiedenen Blickwinkeln. So isoliert er seine künstlerische Qualität nicht im l‘art pour l‘art, vielmehr geht es ihm darum, gesellschaftlich und historisch relevante Zusammenhänge auf durchaus auch polarisierende Weise auszuloten.
Parallel zur Hoffnung, dass ein demokratischer Erkenntnisprozess MIT der Öffentlichkeit für das LIBERATION-Projekt möglich wäre, malte Schützenhöfer auch Arbeiter lebensgroß, um ihnen „allein dadurch, dass ich sie male, meine Reverenz zu erweisen“. Dass Schützenhöfer 2004 beauftragt wurde, ein Portrait des verstorbenen Bundespräsidenten Klestil für die Präsidentschaftskanzlei herzustellen, zeigt die soziale Spannweite des Künstlers.
Christian Seiler sieht das so: „Schützenhöfers sozialkritischer Blick auf die Welt wurde von vielen als altmodisch empfunden und passte nicht in die konzeptionellen Strategien, mit denen der Kunstbetrieb seine selbstreferenziellen Ziele verfolgte.“ In diesem Sinne ist LIBERATION IN PROGRESS als ein Beispiel dieses künstlerischen Zugangs zu sehen, welches die auch heute noch gegebene Notwendigkeit zur Beschäftigung mit der Befreiung Österreichs durch die Alliierten reflektiert.
Ein Projekt von Josef Schützenhöfer
Kuratorin: Hermine Prügger
Ausstellungsgestaltung: Joachim Baur
Produktion: Steirische Kulturinitiative in Kooperation mit Werkstadt Graz und dem GrazMuseum