Häuser entwerfen
Bist du jemals allein zu Hause? Oder kommunizierst du vielmehr mit den Bildern und Texten deiner Gadgets?
Die Beziehungen von innen und außen haben sich verändert. Die Mauern des vernetzten Hauses sind nicht mehr die Grenzen zwischen privat und öffentlich.
Datenströme sind nicht mehr auf Fenster, Türen oder Kabel angewiesen. Heute regelt die Verschlüsselung der Codes den Zutritt ins Haus. Die Architektur des Soliden wird temporär. Sie schützt vor Regen, nicht vor Zudringlichkeit. Der Blick aus dem Fenster gewahrt die Stadt der Zukunft.
Im „Smart Home“ arbeiten Maschinen. Sie sind im Dialog mit der weltweiten Stadt der Netze verbunden. Versorgung, Wartung und Instandhaltung sind den Automaten überlassen. Sie sprechen mit dir, nehmen deine Daten und sorgen für dein Wohlergehen. Du hingegen manipulierst Symbole, nicht mehr Objekte.
Wie viel gebautes Zuhause brauchst du noch, um dich wohlzufühlen?
Parametrische Architektur – Gaudí hat Gaudi
Die Idee, Architektur an natürlich gewachsene, organische Formen anzulehnen, ist nicht neu. Besonders auffällig ist das bei ästhetischen Entscheidungen zur äußeren Erscheinung von Gebäuden. Aus dem Wiener Jugendstil der Jahrhundertwende sind florale Ornamente nicht wegzudenken. Was Otto Wagner für die k. u. k. Metropole, das war Antoni Gaudí für ihr katalanisches Pendant. Der Modernisme genannte Architekturstil hat deutliche Spuren im Stadtbild Barcelonas hinterlassen. Nicht nur in der imposanten Sagrada Familia oder im paradiesischen Park Güell, sondern auch in vielen weiteren Casas spiegelt sich seine organisch verwachsen anmutende Ästhetik.
Die Natur als Vorbild für verwurzelte Fassaden und wie Elfenbäume in die Höhe strebende Pfeiler – eine fantastische Bionik des Schönen. Auch funktionell prägen natürliche Vorbilder unsere Bautechniken seit Langem. Denken wir nur zum Beispiel an Bögen und Tragwerke, deren statische Vorteile von der gebogenen Physiologie unserer Füße bekannt sind. In der Architektur des 21. Jahrhunderts werden Datenfelder bestellt und erstellt. Das organische Vorbild, sowohl in seiner Ästhetik als auch in seiner Funktion, wird mittels Computerprogrammen in vorher unerreichte Details zerrechnet und filigran neu entworfen. Patrik Schumacher hat dieses Verfahren als Parametrismus beschrieben und zur Leitlinie einer ganz eigenen smarten Architekturidee erhoben. Organische Formgebungen durchdringen eine als autonomes Netzwerk und selbstorganisiertes System verstandene Gebäudeplanung. Es gibt keine einzelnen Segmente mehr, alle Teile sind zwar differenzierbar, doch fließen sie ineinander mit weichen, formbaren Übergängen. Hierzu wird jedes Element mit eigenen Parametern identifiziert und kann so innerhalb der Gesamtkomposition auf andere Elemente reagieren. Mittels Computerprogrammen entstehen architektonische Formen, wie sie mittels Stift und Zettel, besonders in ihren komplexen detaillierten Wechselwirkungen, nicht möglich wären. Zwischen den Bedürfnissen von Bau und Benutzung wandelt sich Architektur zur Eingabe von Daten und Formulierung sowie Befolgung parametrischer Regeln. Häuser entwerfen als Input-Output-Architektur. Würden sich da Otto Wagner und Antoni Gaudí im Grab herumdrehen? Oder feiern sie ein Fest, da sie den ästhetischen wie funktionalen Wert des Neuen zu ihrer Zeit selbst gelebt haben?