Doing Nothing with AI 2.0, Emanuel Gollob Foto: schubiduquartet.com

Körper entwerfen

Welcher Körper willst du sein? Ein Körper, der schön ist, schwerelos oder unsterblich?

Mit deinem Körper stehst du im Leben. Im Tanz mit seiner Umgebung entsteht deine Welt, und du veränderst sie. Der Ort deines Geists ist nicht nur dein Gehirn.
Manchmal scheint der Körper nicht genug. Fliegen wie Ikarus kann er von selber nicht. Oder sich warm halten in der Kälte. Und jung aussehen, wenn er zu schnell alt geworden ist, auch nicht.
Für das Tempo der Zukunft scheint dein Körper zu langsam zu sein und dein Geist mit ihm. Computer verdoppeln ihre Geschwindigkeit alle zwei Jahre, Menschen nicht.

Wer mit dem Datenfeld tanzen will, verbessert und umgeht den Körper. So werden wir zum Produkt der Daten.

Die Technik, die wir entwerfen, sagt, das soll so sein. Und du? Erhebst du Einspruch? Oder wirst du dich an den Datenstrom anschließen und ein Tänzchen wagen?

Prothesen und Enhancement

Vom großen Zeh zum Cyborg

„I’ll be back!“ Ein österreichischer Muskelprotz leiht seinen Körper der cineastischen Illusion ultimativer Killermaschinen. In den Terminator-Filmen wird das gruselige Metallskelett durch einen Überzug aus organischem Fleisch und menschlicher Haut zum „Cyborg“. Und das auch nur, um die überlebenden Menschen unerkannt infiltrieren zu können. Doch wer es mit dem Begriff des „Cyborg“ im wahren Leben genau nimmt, wird einen Terminator wohl eher als einen Androiden bezeichnen, also als eine oberflächlich mit Menschen verwechselbare Maschine.

Der Begriff „Cyborg“ wurde von Norbert Wiener geprägt und bezeichnet kybernetische Mischwesen. Organische Lebensformen werden durch informationsverarbeitende Technologien ergänzt. Zukunftsmusik? Nein! Ein Herzschrittmacher kann in diesem Sinne als Cyborg-Technik verstanden werden. Auch RFID-Chips unter der Haut, die wie eine implantierte Bankomat-Karte das Bezahlen erleichtern sollen, gehören dazu. In den vergangenen Jahren ist um die technologische Erweiterung des menschlichen Körpers eine Bodyhacker-Szene entstanden. Das Hacken des eigenen Organismus artet zuweilen in einen regelrechten Wettkampf aus. Cyborg-Techniken werden zum Lifestyle-Vergnügen enthusiastischer Transhumanisten.

Medizinische Prothesen gibt es seit Jahrtausenden. Für Aufsehen Sorgte der Fund des technischen Ersatzstücks eines großen Zehs bei einer ägyptischen Mumie. Die Fußprothese stammt aus dem ersten Jahrtausend v. u. Z. Heutige Prothesen sind in das digitale Stadium eingetreten. Sie stehen nicht mehr nur für mechanische Kompensation, sondern bilden kybernetische Regelkreise im Zusammenspiel mit menschlichen Muskeln und Nervenbahnen. Prothesen 4.0 verarbeiten Informationen und können sich aktiv selbst bewegen, sie sind Computer und kleine Roboter, also Cyborg-Technologien im Dienste der Medizin. Mit ihnen vollzieht sich ein Wandel von der Therapie zum Enhancement. Ging es den vergangenen Jahrhunderten um die Kompensation körperlicher Schäden und den Versuch, so gut wie irgend möglich wieder an einen gesunden Körper heranreichen zu können, wird heute die Überwindung organischer Grenzen möglich. Zumindest in einigen speziellen Bereichen, wie beim Sprinten mit Beinprothesen, sind Menschen mit Cyborg-Technologien konkurrenzfähig oder sogar überlegen. Doch die Flexibilität und Vielfältigkeit des gesunden Leibes scheint unerreicht – vorerst. Wie viele Ausfahrten urbaner Datenautobahnen sollten in unsere Körper führen? Werden wir selbst zu Plug-and-Play-Gehäusen, die sich modular upgraden lassen und zur Kolonialisierung durch IT-Dienstleister aufrufen?

Doing Nothing with AI 2.0

„Doing Nothing with AI 2.0“ ist ein interaktives Kunstwerk, das die Besucher*innen zu einem Dialog über eine Gehirn-Maschinen-Schnittstelle einlädt. Per Elektroenzephalographie (EEG)* wird der Erregungszustand des Gehirns gemessen. Mit Veränderungen des Klanges, der Projektion und des Robotertanzes versucht die Installation nun, das Gehirn zu beruhigen. Generatives maschinelles Lernen (GAN) optimiert laufend diese Reaktionen, bis ein Zustand der Muße und des „Nichts-Tuns“ erreicht wird.

Konzept, Design & Recherche: Emanuel Gollob
Recherche: Magdalena May
Klang: Veronika Mayer
Projektion Conny Zenz