Demokratie-Quartett
Mit dem Demokratie-Quartett könnt ihr spielerisch herausfinden, was eine Demokratie ausmacht und wie sich Diktaturen davon unterscheiden.
Hier findet ihr die Antworten auf die im Quartett gestellten Fragen.
Darüber hinaus gibt es hier Objekte zu jedem historischen Beispiel im Quartett.
Welche direktdemokratischen Instrumente gibt es in Österreich?
In Österreich gibt es drei direktdemokratische Instrumente:
Beim Volksbegehren schlägt die wahlberechtigte Bevölkerung dem Nationalrat ein Gesetz vor. Wird ein Volksbegehren von mehr als 100.000 Wahlberechtigten unterzeichnet, muss es im Nationalrat behandelt werden. Beispiel: Volksbegehren „Don’t-Smoke“, 2018
Bei der Volksbefragung wird die wahlberechtigte Bevölkerung nach ihrer Meinung zu einem bestimmten Thema gefragt. Es kann entweder eine Ja/Nein-Frage oder eine Frage mit zwei Antwortmöglichkeiten gestellt werden. Das Ergebnis ist nicht bindend. Beispiel: Volksbefragung zur Wehrpflicht, 2013
Bei der Volksabstimmung stimmt die wahlberechtigte Bevölkerung darüber ab, ob ein vom Parlament bereits beschlossenes Gesetz in Kraft treten soll. Beispiel: Volksabstimmung zum EU-Beitritt, 1992
Wird der/die österreichische Bundeskanzler/-in vom Volk gewählt?
Nein. Bei der Nationalratswahl werden Partei(list)en gewählt und nicht der/die Bundeskanzler/-in oder die Bundesregierung. Der/Die Bundespräsident/-in entscheidet frei darüber, wen er/sie mit der Regierungsbildung beauftragt und zum/zur Bundeskanzler/-in ernennt. Meistens ist dies der/die Vorsitzende der stimmenstärksten Partei(liste).
Welche Befugnisse hat der/die österreichische Bundespräsident/-in Krisenzeiten?
Wenn der Nationalrat in Krisenzeiten (z.B. Krieg oder Naturkatastrophen), nicht zusammentreten kann, soll der/die Bundespräsident/-in für Stabilität sorgen und wichtige Entscheidungen treffen können. Er/Sie hat die Möglichkeit, gemeinsam mit der Bundesregierung, Notverordnungen zu erlassen, mit denen Gesetze rasch geändert und notwendige Maßnahmen ergriffen werden können.
Weitere Aufgaben und Rechte des/der Bundespräsident/-in
Sind EU-Ausländer/-innen in Österreich wahlberechtigt?
EU-Ausländer/-innen sind Staatsbürger/-innen eines anderen EU-Mitgliedstaats. In Österreich sind bei fast allen Wahlen nur österreichische Staatsbürger/-innen wahlberechtigt. EU-Ausländer/-innen, die in Österreich ihren Hauptwohnsitz haben, sind bei Wahlen auf Gemeindeebene und Europawahlen wahlberechtigt.
Wie lautet der erste Satz der österreichischen Verfassung?
Art. 1 der österreichischen Bundesverfassung:
Österreich ist eine demokratische Republik.
Ihr Recht geht vom Volk aus.
Welche Parteien sind aktuell im Nationalrat vertreten?
Zur Nationalratswahl treten viele Parteien an. In den Nationalrat schaffen es jene Parteien, die mindestens 4 % der gültig abgegebenen Stimmen erreichen.
Bei den Nationalratswahlen im Jahr 2017 sind 16 Parteien angetreten. Aktuell sind im Nationalrat ÖVP, SPÖ, FPÖ, NEOS und JETZT – Liste Pilz vertreten.
Wie viele Bundesländer hat Österreich?
Neun.
Absteigend nach der Zahl ihrer Einwohner/-innen sind es: Wien, Niederösterreich, Oberösterreich, Steiermark, Tirol, Kärnten, Salzburg, Vorarlberg und Burgenland.
Wien ist gleichzeitig eine Gemeinde, die Hauptstadt Österreichs und ein Bundesland.
Was bedeutet ziviler Ungehorsam?
Es handelt sich um eine zwar gesetzwidrige aber gewaltfreie Protestform. Einzelne Bürger/-innen oder Gruppen, verstoßen dabei gezielt gegen einzelne Gesetze, um auf bestimmte gesellschaftliche Ungerechtigkeiten oder moralische Probleme aufmerksam zu machen. Ein „Sit-in“ (Sitzstreik) ist eine bekannte Form des zivilen Ungehorsams.
Was versteht man unter Legislative, Judikative und Exekutive?
Legislative ist die Gesetzgebung. Parlament und Landtage beschließen Gesetze.
Judikative ist die Rechtsprechung. Richter sprechen Recht, indem sie in Gerichtsverfahren über Streitfälle entscheiden.
Exekutive ist die Verwaltung. Z. B. vollziehen die Polizei, der/die Bundespräsident/-in oder die Bundesregierung Gesetze.
Wie wird in Österreich ein einfaches Bundesgesetz beschlossen?
Ein Gesetzesvorschlag wird in der Regel von der Bundesregierung, Mitgliedern des Nationalrats oder dem Bundesrat eingebracht. Über den Vorschlag wird in Ausschüssen beraten und das Ergebnis der Beratungen (Gesetzesentwurf) wird dann in sogenannten Lesungen im Nationalrat diskutiert. Damit aus einem Gesetzesentwurf ein Gesetz werden kann, muss der Nationalrat dieses beschließen. Bei der Abstimmung muss mindestens ein Drittel der Abgeordneten anwesend sein und mit einfacher Mehrheit (> 50 %) dafür stimmen. Wird ein Gesetzesentwurf in Dritter Lesung angenommen, liegt ein Gesetzesbeschluss des Nationalrates vor. Nachdem ein Gesetz vom Nationalrat beschlossen wurde, hat der Bundesrat noch die Möglichkeit, dagegen ein Veto einzulegen. Schließlich muss das Gesetz von dem/r Bundespräsidenten/-in beurkundet werden, bevor es im Internet veröffentlicht wird.
Wie heißen die österreichischen Höchstgerichte?
Der Oberste Gerichtshof (OGH) ist die letzte Instanz der sogenannten ordentlichen Gerichtsbarkeit (Zivil- und Strafrechtssachen). Der OGH überprüft Entscheidungen von Landesgerichten und Oberlandesgerichten.
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) kontrolliert die Einhaltung der Verfassung – man spricht vom Hüter der Verfassung. Der VfGH prüft, ob Gesetze und Verordnungen gegen die Verfassung oder Grundrechte verstoßen.
Der Verwaltungsgerichthof (VwGH) kontrolliert die Verwaltung. Der VwGH überprüft Entscheidungen von Verwaltungsgerichten.
Was bedeutet der Grundsatz: „In dubio pro reo“?
„Im Zweifel für den Angeklagten” ist ein Grundsatz aus dem Strafrecht. Immer dann, wenn ein Umstand nicht bewiesen werden kann, muss die für die/den Angeklagte/n günstigere Tatsache angenommen werden. Dieser Grundsatz besagt nicht, wann ein Gericht Zweifel haben muss, sondern nur, wie es entscheiden muss, wenn es Zweifel hat. Kann dem/der Angeklagten beispielsweise die Schuld an einer Straftat nicht nachgewiesen werden, dann ist die Person vom Gericht freizusprechen.
An welche Stellen kannst du dich bei Diskriminierung wenden?
Es gibt zahlreiche Stellen, an die sich Diskriminierungsopfer kostenlos und vertraulich wenden können. Die Gleichbehandlungsanwaltschaft ist eine unabhängige, staatliche Einrichtung mit fünf Beratungsstellen in Österreich (Wien, Graz, Klagenfurt, Linz, Innsbruck). Sie berät Personen, die sich in verschiedenen Lebensbereichen benachteiligt fühlen, insbesondere aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit oder ihres Geschlechts. Daneben gibt es Gleichbehandlungskommissionen, Antidiskriminierungsstellen und NGOs. In bestimmten Fällen kann man sich auch direkt an ein Gericht (z.B. das Arbeits- und Sozialgericht) wenden.
Was besagt das Verbotsgesetz?
Das Verbotsgesetz wurde am 8. Mai 1945 (Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa) als Bundesverfassungsgesetz beschlossen. Zwei Jahre später wurde das Gesetz umfassend überarbeitet und in Verbotsgesetz 1947 umbenannt. Es verbietet insbesondere alle nationalsozialistischen Organisationen und deren Einrichtungen sowie die Wiederbetätigung im „nationalsozialistischen Sinn“. Verstöße gegen dieses Gesetz werden mit einer Freiheitsstrafe bestraft.
Gibt es in Österreich Versammlungsverbote?
Ja. Versammlungen müssen von der Behörde untersagt werden, wenn der Zweck der Versammlung strafrechtlich verboten ist oder die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche Wohl durch eine Versammlung gefährdet werden. Gleichzeitige Versammlungen verschiedener Gruppen am selben Ort sind auch verboten. Während der Nationalrat, der Bundesrat, die Bundesversammlung oder ein Landtag versammelt ist, sind im Umkreis von 300 m von ihrem Sitz Versammlungen im Freien verboten. Des Weiteren können z.B. Wahlkampfauftritte ausländischer Politiker/-innen verboten werden.
Wie lange muss ein Kind in Österreich die Schule besuchen?
Die Schulpflicht gilt für alle Kinder, die sich dauernd in Österreich aufhalten. Die Schulpflicht beginnt mit dem 1. September nach dem 6. Geburtstag und erstreckt sich auf neun Schuljahre. Das Gesetz sieht den Unterricht in öffentlichen Schulen vor. Die allgemeine Schulpflicht kann jedoch auch durch einen gleichwertigen (z.B. häuslichen) Unterricht erfüllt werden. Nach Erfüllung der Schulpflicht müssen alle Personen unter 18 Jahren, die sich dauerhaft in Österreich aufhalten, einer Bildung oder Ausbildung nachgehen.
Seit wann steht das Recht auf persönliche Freiheit in der österreichischen Verfassung?
Dieses Recht gibt es schon länger als das österreichische Bundesverfassungsgesetz. Seit 1862, noch bevor Österreich zu einer demokratischen Republik wurde, garantiert das Staatsgrundgesetz dieses fundamentale Recht. 1988 wurde der Artikel „Die Freiheit der Person ist gewährleistet.“ durch das Bundesverfassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit ersetzt.
Ist das Recht auf Eigentum ein anerkanntes Menschenrecht?
Ja, das Recht auf Eigentum ist ein Menschenrecht. Das 1. Zusatzprotokoll der Europäischen Menschenrechtskonvention garantiert jeder natürlichen Person das Recht auf Achtung ihres Eigentums.
Wer darf in Österreich heiraten?
In Österreich dürfen zwei Menschen ab 18 Jahren heiraten oder eine eingetragene Partnerschaft eingehen, unabhängig davon, welches Geschlecht sie haben. Mit Zustimmung der Eltern oder des Gerichts ist eine Ehe in Ausnahmefällen ab 16 Jahren möglich. Es gibt Gründe, die einer Eheschließung bzw. Verpartnerung entgegenstehen (z.B. Verwandtschaft in gerader Linie).
Wie viele Mitglieder braucht eine Religion, um in Österreich staatlich anerkannt zu werden?
Damit eine Religionsgemeinschaft staatlich anerkannt wird, muss ein Antrag gestellt und gewisse Voraussetzungen erfüllt werden. Der Religionsgemeinschaft müssen mindestens 0,2% der österreichischen Bevölkerung angehören. Das entspricht aktuell etwa 17.500 Personen. Die gesetzliche Anerkennung ist der höchste Status, den die Republik Österreich einer Religionsgemeinschaft verleihen kann.
V1 – Ausschluss, Verfolgung, Ermordung
Wahlplakat der Großdeutschen Volkspartei, 1927
Lithografie
Steiermärkisches Landesarchiv, Graz
Schon vor Errichtung der „Ständestaat“-Diktatur war Antisemitismus ein parteiübergreifendes Phänomen. Die Deutschnationalen benutzten eine besonders erniedrigende Bildsprache. Mit diesem Plakat machten sie Stimmung gegen eine mögliche Koalition von Sozialdemokratischer und Christlichsozialer Partei. Der „rote Vampir“ ist mit karikierten antisemitischen Zügen dargestellt.
V2 – Zwangs- und Pflichtarbeit
Spendenaufruf Engelbert Dollfuß’ und Bekanntgabe der Einführung des Standrechts, 1933
Lithographie
Steiermärkisches Landesarchiv, Graz
Mit diesem Plakat vom Herbst 1933 kritisierte der autoritäre Bundeskanzler die Regierung: „Ich richte […] an alle Österreicher den dringenden Appell, nach Kräften beizusteuern, daß endlich eine neue Regierung alles Elend und alle Not beseitige!“ Es handelte sich um einen Scheinappell, denn Dollfuß bereitete seine diktatorische Herrschaft vor, das Parlament hatte er schon im Mai ausgeschaltet. Er war selbst Teil der „alten“ Regierung gewesen und agierte mit dieser Kritik gleich, wie viele ehemalige Regierungsmitglieder: Man gab sich gegenseitig die Schuld an der Notlage.
V3 – Überwachungsstaat
Axl Leskoschek: Wöllersdorf 1936, 1955
Holzschnitt
GrazMuseum
In Wöllersdorf (Niederösterreich) richtete die „Ständestaat“-Diktatur im Herbst 1933 ein sogenanntes „Anhaltelager“ für „staatsfeindliche“ Personen ein. Dort wurden Kommunisten, Nationalsozialisten und ab Februar 1934 auch Sozialdemokraten (wie der Grazer Künstler Axl Leskoschek) inhaftiert. Oppositionelle Frauen wurden in Polizeigefangenenhäusern „angehalten“.
V4 – Staatsreligion
Papst Pius XI.: Rundschreiben über die gesellschaftliche Ordnung, ihre Wiederherstellung und ihre Vollendung nach dem Heilsplan der Frohbotschaft
Beilage zum Wiener Diözesanblatt Nr. 5, 1931
ANNO, Österreichische Nationalbibliothek
Im Frühjahr 1931 veröffentlichte Papst Pius XI. das Rundschreiben Quadragesimo anno. Darin skizzierte er die Erneuerung von Staat und Wirtschaft im Geiste der christlichen Lehre. Die päpstliche Enzyklika bildete die ideologische Grundlage der „Ständestaat“-Diktatur.
W1 – Gesetzesmäßige Diskriminierung
Bundesgesetzblatt für den Bundesstaat Österreich, 1. Mai 1934
Zweites Hauptstück, Artikel 16, Absatz 1 und 2
ALEX, Österreichische Nationalbibliothek
„Alle Bundesbürger sind vor dem Gesetze gleich. Sie dürfen in den Gesetzen nur soweit ungleich behandelt werden, als es sachliche Gründe rechtfertigen. […] Frauen haben die gleichen Rechte und Pflichten wie die Männer, soweit nicht durch Gesetz anderes bestimmt ist.“
W2 – Zensur
Der Säemann. Evangelisches Kirchenblatt für Österreich.
Folge 12, Graz, 15. Dezember 1934
Zensurierter Text maschinenschriftlich ergänzt
Evangelische Pfarrgemeinde A.u.H.B. Graz-Heilandskirche
Die Zensurierung der evangelischen Zeitschrift Der Säemann gründete weniger auf dem Motiv, die evangelische Kirche zu benachteiligen als vielmehr auf dem Bekenntnis des Herausgebers Pfarrer Friedrich Ulrich zum Nationalsozialismus, mit dem die „Ständestaat“-Diktatur um die Herrschaft im Land konkurrierte.
W3 – Versammlungsverbot
Alexander Stern: Agitation des Republikanischen Schutzbundes, o. J.
Gelatinepapier
Privatbesitz
Der Republikanische Schutzbund wurde 1923 als sozialdemokratisches Gegengewicht zu den christlichsozial dominierten Heimwehren gegründet. Insbesondere in der Industrieregion rund um Bruck an der Mur hatte er großen Zulauf. Nachdem er das Parlament im Mai 1933 ausgeschaltet hatte, verbot der autoritäre Bundeskanzler Engelbert Dollfuß den Schutzbund.
W4 – Gleichschaltung zivilgesellschaftlicher Vereinigungen
Plakat anlässlich der Feierlichkeiten zum Tag der Jugend am 27. Mai 1934
Lithographie
Steiermärkisches Landesarchiv, Graz
Dollfuß ernannte den 1. Mai zusätzlich zum „Tag der Arbeit“ auch zum „Tag der Jugend“ und zum „Tag der Mutter“, da mit diesem Tag der Marienmonat beginnt. Nach Dollfuß’ Ermordung 1934 erhielten die Jugendorganisationen der Vaterländischen Front ein eigenes Land. Das „Lied der Jugend“, auch „Dollfußlied“ genannt, wurde auch in Schulen gesungen.
X1 – Keine Gewaltentrennung
Konsumgebäude in Eggenberg nach den Februarkämpfen, 1934
Gelatinepapier
GrazMuseum
Im Februar 1934 kam es in vielen Orten Österreichs (auch in Graz) zu gewalttätigen Zusammenstößen von Regierungskräften und Schutzbundmitgliedern sowie Sozialdemokrat/-innen. Dabei wurden mehr als 300 Personen getötet. Im Mai 1934 wurde eine Verfassung erlassen, die keine Gewaltentrennung vorsah und diktatorischen Prinzipien entsprach.
X3 – Verletzung der Grund- und Menschenrechte
Gesetzblatt für das Land Österreich, 15. März 1938
Abstimmungsverordnung/Stimmrecht, § 2
ALEX, Österreichische Nationalbibliothek
Dieses Gesetzblatt verlautbarte das „Bundesverfassungsgesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich“. Für die am 10. April erfolgende Volksabstimmung über den „Anschluss“ wurde Juden und Jüdinnen das Stimmrecht entzogen: „Vom Stimmrecht ausgeschlossen ist, wer Jude ist oder als Jude gilt.“
X4 – Privilegien
Fürstbischof Dr. Ferdinand Stanislaus Pawlikowski, um 1935
Gelatinepapier
Diözesanarchiv Graz-Seckau, Bistumsarchiv, Nachlass Pawlikowski
Die Nähe zwischen „Ständestaat“-Diktatur und katholischer Kirche zeigte sich in der Steiermark u.a. im sehr guten Verhältnis, das Landeshauptmann Anton Rintelen und Bischof Pawlikowski zueinander hatten. Wie auf dieser Abbildung zu sehen, trug Pawlikowski das austrofaschistische Kruckenkreuz.
Y1 – Führerprinzip
Alfred Steffen: Dr. Engelbert Dollfuß-Denkmal im Grazer Stadtpark, o. J.
Gelatinepapier
GrazMuseum
Engelbert Dollfuß wurde in der „Ständestaat“-Diktatur als Führer der Vaterländischen Front und des österreichischen Volkes inszeniert. Es gelang ihm jedoch nie, die Geschlossenheit und Begeisterung einer Massenbewegung auszulösen, wie es bei Adolf Hitler der Fall war.
Y3 – Zentralismus
Stadtrecht für die Landeshauptstadt Graz, 10. März 1936 § 9, Gelöbnis und Amtsgebühren des Bürgermeisters Stadtarchiv Um auch die Stadt Graz „ständestaatlich“ zu organisieren, musste ein der Verfassung der „Ständestaat“-Diktatur entsprechendes städtisches Statut (Stadtrecht) eingesetzt werden. Das gelang erst 1936. Das Recht ging in, Graz, wie in ganz Österreich, nun nicht mehr vom Volk, sondern von Gott aus. Transkription: Ich gelobe bei meiner Ehre und Treue, die Bundes- und Landesverfassung, das Stadtrecht und die Gesetze unverbrüchlich zu beobachten, das mir anvertraute Amt des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz nach meinem besten Wissen und Gewissen zu verwalten, sowie meinem Vaterlande und der Landeshauptstadt Graz in unwandelbarer Treue zu dienen. So wahr mir Gott helfe.
Y4 – Ausschaltung der Opposition
Abzeichen des Republikanischen Schutzbundes, o. J.
Messing, emailliert
Privatbesitz
Der Republikanische Schutzbund stand der Sozialdemokratischen Partei nahe und war bereits im Mai 1933 von Engelbert Dollfuß verboten worden. Trotzdem organisierten „illegale“ Schutzbündler/-innen im Februar 1934 Aufstände, welche gewaltvoll niedergeschlagen wurden und im Verbot der letzten verbliebenen Oppositionspartei – der Sozialdemokratischen Partei – resultierten.
Z1 – Diktatur
Schwester Reithmeier: Zeichenmappe mit „ständestaatlichen“ Symbolen und Portraits von Engelbert Dollfuß, Kurt Schuschnigg und Ernst Rüdiger Starhemberg, o. J.
Mischtechnik auf Karton
Grazer Schulschwestern Franziskanerinnen
Diese Zeichenmappe vereint überhöhte Portraits zentraler Persönlichkeiten der „Ständestaat“-Diktatur. Dollfuß bekleidete das Amt des Bundeskanzlers. Nach dessen Ermordung 1934, übernahm der führere Justizminister Schuschnigg diese Funktion. Starhemberg war Bundesführer der Heimwehr sowie der Einheitspartei Vaterländische Front.
Z2 – Scheindemokratie
Plakat der Vaterländischen Front, 1934
Lithographie
Steiermärkisches Landesarchiv, Graz
Obwohl die Vaterländische Front eindeutig die Abschaffung demokratischer Strukturen verfolgte, vermittelte sie dem Volk, dass dieses Wahlmöglichkeiten habe. Mit diesem Plakat warb die Einheitspartei für den Beitritt zur Vaterländischen Front und richtete sich dabei explizit an Arbeiter/-innen.
Z3 – Totalitarismus
Treffen des Grazer Heimatschutzes, 1932
Gelatinepapier
Privatbesitz
Die einzelnen Heimatschutzverbände wurden zur Heimwehr zusammengefasst. Im sogenannten Korneuburger Eid deklarierte sich diese 1930 als faschistische Bewegung: „Wir verwerfen den westlichen demokratischen Parlamentarismus und den Parteienstaat!“
Z4 – Eingeschränktes Wahlrecht
Ehrenabzeichen der Heimwehr für die Teilnahme an den Februarkämpfen mit Juli-Spange für die Kämpfer zur Abwehr des NS-Putsches, 1934
Zink
Privatbesitz
Regierungstreue Verbände wie die Heimwehr wurden für ihren Einsatz im Februar 1934 (bei Kämpfen gegen sozialdemokratische Aufständische) und im Juli 1936 (beim nationalsozialistischen Putschversuch) ausgezeichnet. Bei diesen Einsätzen handelte es sich nicht zuletzt auch um die Ausschaltung jeglicher politischer Konkurrenz.
Idee: Otto Hochreiter, Annemarie Mitterhofer
Texte: Wolfram Dornik, Marie-Catherine Wagner, Martina Zerovnik
Grafik: Atelier Neubacher
Projektsteuerung: Sibylle Dienesch
Lektorat und Projektleitung: Johanna Fiedler